Eschenbach. (do) Warum ging Eschenbach bei der Behördenverlagerung leer aus? Für viele CSU-Mitglieder eine brennende Frage, die bei der Jahreshauptversammlung eine Stellungnahme von MdL Tobias Reiß geradezu herausforderte. Nach Überzeugung des CSU-Stimmkreisabgeordneten trägt die Eschenbacher Rathauspolitik Mitverantwortung. „Man war lange untätig“ und „Eschenbach hat sich nicht bemüht“, wusste der Parlamentarier.
', 'Nach der Entscheidung des Ministerrates am 5. August 2014, durch Behördenverlagerungen aus dem Großraum München vor allem der nördlichen Oberpfalz und Oberfranken zu helfen, sei eine ungeahnte Antragsflut über das Finanz- und Heimatministerium hereingebrochen. Tobias Reiß berichtete von der Solidarität der Grenzlandgemeinden, zum Beispiel die Städte Marktredwitz und Waldsassen als mögliche Behördenstandorte zu favorisieren. Mit der Auswahl Waldsassens sei auch ein Doppelstandort für eine Abteilung des Landesamtes für Digitalisierung mit Windischeschenbach zustande gekommen.
Diese Geschlossenheit der kommunalen Familie in den Landkreisen Tirschenreuth und Wunsiedel habe auch das Heimatministerium beeindruckt. Auch er habe, so Tobias Reiß, von vielen Bürgermeistern aus dem Wahlkreis eine Vielzahl von Wünschen und durchdachte Bewerbungsexposees erhalten, nur nicht aus Eschenbach. Nach seinen Informationen habe die Stadt erst viel zu spät kurz vor Weihnachten reagiert und einen Antrag mit eher mäßiger Begründung eingereicht.
Tobias Reiß räumte ein, dass vermutlich auch ein rechtzeitiger Antrag mit überzeugenden Argumenten nur wenige Chancen gehabt hätte. „Die Strukturdaten der Stadt sind einfach zu gut“, bewertete Reiß die Umlage- und Steuerkraft und die Wirtschaftsdaten der Stadt. Ähnlich gute Zahlen weise das Statistische Landesamt zwar auch für Kemnath nach. Das „Tor zur Oberpfalz“ habe jedoch die Zusage für zirka 20 öffentliche Planstellen nur bekommen, weil die Auflösung der Nebenstelle des Amtsgerichtes bevorstehe und die staatliche Immobilienverwaltung das denkmalgeschützte Amtsgerichtsgebäude erst aufwändig saniert habe. Nicht unbedeutend sei der persönliche Einsatz der Kemnather Rathausspitze gewesen. „Kemnath hat gekämpft und schließlich auf den letzten Drücker noch gewonnen“, stellte der Stimmkreisabgeordnete klar.
Die mittelfristigen staatlichen Umzugspläne von München in die nördliche Oberpfalz nahm der CSU-Politiker zum Anlass, auch Wirtschaft und Industrie aufzufordern, in den ländlichen Raum zu investieren. „Die politische Entscheidung muss für Großbetriebe Signalwirkung haben, strukturschwache Gebiete zu stärken“, forderte Reiß. „Heimatstrategie“ nannte der Landtagsabgeordnete das Ziel der CSU, in enger Abstimmung mit der kommunalen Familie mit gleicher Geschwindigkeit zwischen Stadt und Land gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse herzustellen. Zu dieser „Heimatstrategie“ zählt Tobias Reiß Verbesserungen im kommunalen Finanzausgleich, die Unterstützung von besonders finanzschwachen Gemeinden mit Stabilitätshilfen und die Förderung des Breitbandausbaues. Besonders die „digitale Revolution“ bezeichnete Reiß als größtes Förderprogramm, das es in Bayern je gab. Die Unterstützung Bayerns für die landesweit rasche Erschließung mit der Datenautobahn mit einem Finanzvolumen von 1,5 Milliarden Euro sei europaweit Spitze.
Zu den bemerkenswerten Zielen der CSU gehöre auch die Nordbayern-Initiative, sagte Reiß weiter. Leuchtturmprojekte sollen Wissenschaft und Forschung stärken und Impulse in den Regionen setzen. Als Ziele nannte er eine Dezentralisierung der bayerischen Hochschullandschaft, die Gründung von Technologie-Transferzentren und die breite Förderung des akademischen Angebotes und von Wissenschaftseinrichtungen.
Nach diesen Informationen des Abgeordneten beherrschte der Niedergang des Eschenbacher Ortskernes die Diskussion. Zu Schwerpunktthemen entwickelten sich der stete Rückgang fachärztlicher Versorgung und das Geschäfte- und Firmensterben. Handwerksmeister Hans Ziegler befürchtet besonders für die Altstadt Eschenbachs einen weiteren Abwärtstrend und formulierte drastisch: „Wir können hier bald die Gehsteige hochklappen“. Anlass zu Spekulationen gab der Verlust der internistischen Facharztpraxis. Das Bemühen der Stadt um die Sicherung der Patientenversorgung scheine sich auch in diesem Fall in Grenzen zu halten, mutmaßten Versammlungsteilnehmer. Gefordert wurde, mit den neuen gesetzlichen Instrumenten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Lande den internistischen Facharztsitz in Eschenbach zu halten. CSU-Ortsvorsitzende Dr. Sabine Schultes, selbst Allgemeinmedizinerin, versprach, umgehend den Kontakt zu kompetenten Gesprächspartnern zu suchen.